Nach langer Zeit endlich wiederentdeckt, findet sie aktuell in den unterschiedlichsten Branchen und Produkten Verwendung. Häufig wird Hanf als umweltfreundliche und ressourcenschonende Alternative zu einer Vielzahl von Materialien gesehen. Des Weiteren gilt die Pflanze als besonders robust und relativ einfach zu züchten. Außerdem gehört Hanf - zusammen mit Bambus - zu den am schnellsten wachsenden Rohstoffen des Planeten.
So “modern” wie die Hanfnutzung vielen Menschen vielleicht vorkommt, ist diese übrigens gar nicht - schließlich wurde bereits die erste Gutenberg-Bibel im Jahr 1455 auf Hanfpapier gedruckt. Auch gibt es historische Beweise dafür, dass Hanf bereits vor mehr als 12.000 Jahren zur Herstellung von Papier und Textilien eingesetzt wurde. In diesem Artikel nehmen wir die beliebte Nutzpflanze genauer unter die Lupe und klären unter anderem, wie nachhaltig der Rohstoff Hanf wirklich ist.
Ist Hanf gleich Hanf?
Das lateinische Wort für Hanf ist übrigens “Cannabis” - doch die Pflanze deswegen nur auf ihr vielleicht bekanntestes und berauschendes Cannabinoid THC zu reduzieren, wäre viel zu kurz gegriffen. Um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, an dieser Stelle eine kleine Übersicht über die unterschiedlichen Hanfvarianten:
Hanf: Noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts galt Hanf als eine der wichtigsten Pflanzen der Welt, die auf vielfältige Weise genutzt wurde, bis es aufgrund politischer Umstände um den Zweiten Weltkrieg herum zur vollständigen “Verbannung” der Kulturpflanze kam, die unter anderem von der Baumwolle abgelöst wurde. Erst Mitte der 1980er Jahre wurden die Vorzüge von Hanf wiederentdeckt, und es entstanden Strukturen und Interessengruppen, die die Wiedereingliederung der Pflanze vorantrieben - und dies weltweit.
Das Ergebnis dieser Bemühungen ist, dass Hanf auch in Deutschland wieder angebaut werden darf - allerdings unter strengen Auflagen und Vorkehrungen und zumeist in Form von Nutzhanf.
Der einzige Unterschied zwischen “wildem Hanf” und seiner industriell genutzten Variante liegt im Detail im THC-Gehalt der Pflanze: Dieser darf in Deutschland und vielen Ländern der EU nicht über 0,2 Prozent liegen (außer es handelt sich hierbei um speziell gezüchteten Medizinalhanf, welcher nur nach strengsten Vorgaben und unter Erteilung gesetzlicher Zulassungen angebaut werden darf).
Nutzhanf: Nutzhanf ist Hanf, der speziell für die industrielle Verwendung kultiviert wird. Hierbei handelt es sich in erster Linie um die Cannabis Sativa Pflanze, die so gezüchtet wird, dass sie weniger als 0,2 % THC aufweist und somit unter den Grenzwerten der EU bleibt. Nutzhanf hat somit keinen berauschenden Effekt und kann weder als Rauschmittel noch medizinisch genutzt werden. Im Allgemeinen können folgende Produkte aus dem Nutzhanf gewonnen werden:
Die Fasern der Pflanze werden unter anderem zu Dämmmaterialien, Textilien oder als Alternative zu Kohlefasern als Verbundwerkstoffe genutzt. Unter anderem kamen Hanffasern auf diese Weise sogar in Autos, wie beispielsweise dem Porsche Cayman, zum Einsatz. Übrigens darf auch Nutzhanf erst seit 1996 wieder in Deutschland angebaut werden. Ein Problem, das sich den Landwirt*innen jedoch trotzdem stellt, ist die Tatsache, dass zugelassenes Saatgut mit dem gewünschten THC-Grenzwert nicht leicht erhältlich ist. Derzeit gelten in der EU 52 Nutzhanf-Sorten als legal.
Hanfsamen hingegen kennst du mit Sicherheit aus der Drogerie oder dem Supermarkt: Aufgrund ihres idealen Fettsäureprofils sowie ihren wertvollen Mineralstoffen und Vitaminen finden die bekömmlichen Samen mit dem nussartigen Geschmack in immer mehr Rezepten Verwendung und gelten in vielen Kreisen als vollmundiges “Superfood”.
Ein weiteres Produkt, das aus dem Nutzhanf gewonnen wird und sich ebenfalls immer größerer Beliebtheit erfreut, ist das CBD (Cannabidiol). Hierbei handelt es sich um nur eines von einer Vielzahl in der Hanfpflanze vorkommenden Substanzen, die mit dem menschlichen Endocannabinoid-System reagieren. Im Gegensatz zum ebenfalls im Cannabis Sativa vorkommenden THC gilt CBD als nicht-psychoaktiv, ist in den meisten Ländern der EU (auch in Deutschland) sowie in den meisten Bundesstaaten der USA legal und wird vielseitig eingesetzt.
Bio-Hanf: Mehr als die Hälfte des Hanfanbaus findet in Deutschland ökologisch statt, was im Gegensatz zu anderen Pflanzen ein deutlich höherer Anteil ist. Der Grund hierfür liegt zum einen darin, dass viele Konsument:innen Bio-Hanf bevorzugen - des Weiteren gilt Hanf als robuste, relativ anspruchslose und leicht zu züchtende Kulturpflanze, die Unkraut ideal unterdrückt. Das Auftauchen von Schädlingen ist somit eher selten der Fall, was dem Bio-Anbau von Nutzhanf ideal zugutekommt. Auch bei ökologisch erzeugtem Hanf kommt nur zugelassenes Saatgut mit einem THC-Wert von unter 0,2 Prozent zum Einsatz. Unabhängig davon, ob es sich um regulären Nutzhanf oder Bio-Hanf handelt - engmaschige Qualitätskontrollen sind selbstverständlich Teil des Anbaus. Besonders nachhaltig ist zudem auch, dass fast alle Teile der Pflanze verwendet werden können. Außerdem produziert Hanf einen höheren Anteil an Biomasse als jede andere Nutzpflanze, weist eine hohe Haltbarkeit auf und sorgt bei seinem Anbau für eine niedrige Energiebilanz.
Das Potential von Hanf
Insgesamt hat Hanf über 10.000 industrielle Verwendungsmöglichkeiten in den unterschiedlichsten Branchen zu bieten. Allein die Lebensmittelversorgungskette könnte immens von Industriehanf profitieren: Produkte wie Hanfmehl und -samen, welche Nebenprodukte aus der Gewinnung von Hanföl sind, zeigen eine stetig steigende Nachfrage.
So ist beispielsweise alleine in Italien der Verkauf von hanf-basierten Lebensmitteln um 500 Prozent gestiegen - von Bier und Pizza bis hin zu Milch, Eiscreme und Snacks. Diese Lebensmittel sind nicht nur gefragt, sondern auch sehr nahrhaft, da sie große Mengen an Vitamin D sowie wertvolle pflanzliche Proteine und Fette enthalten. Dies könnte den Konsum tierischer Proteine reduzieren, was nicht nur ethisch, sondern auch ökologisch sinnvoll ist.
Ökologisches Bauen, nachhaltige Landwirtschaft und kurze Transportwege sind die drei wichtigsten Umweltfaktoren, die bei der Diskussion um das Potenzial von Hanf wichtig sind: Das ultimative Ziel ist die Minimierung des Inputs bei gleichzeitiger Maximierung des Outputs sowie die Minimierung von Abfall und Verschmutzung.
Hanfmaterialien, die beim grünen Bauen verwendet werden, weisen ein geringeres Gewicht auf, sind zudem feuchtigkeits- und hitzebeständig sowie nachhaltig in der Produktion. Die Vorteile des Hanfanbaus können direkt an die Verbraucher*innen weitergegeben werden, indem übermäßige Heiz- und Kühlkosten gesenkt werden. Tatsächlich kann alles, was mit fossilen Brennstoffen (Kohlenwasserstoffen) hergestellt werden kann, auch aus Hanf (einem Kohlenhydrat) produziert werden.
Die ökologischen Vorteile
Als Jahrtausende alte Kulturpflanze bietet Hanf eine Vielzahl ökologischer Vorteile, was sie besonders für Verbraucher:innen attraktiv macht, die einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Lebensstil führen möchten. Zu diesen gehören unter anderem folgende Faktoren:
- Hanf ist (fast) anspruchslos: Die robuste Pflanze wächst auf fast jedem Boden und in fast jeder Klimazone.
- Lokaler Anbau: Im Gegensatz zu anderen Pflanzen, wie beispielsweise Baumwolle können lange Transportwege vermieden werden, was die Klimabilanz in jedem Fall verbessert.
- Ressourcenschonung: Hanf benötigt wenig Bewässerung - dies sorgt beim Anbau für einen geringeren Wasserverbrauch.
- Keine Herbizide: Da die Cannabis-Pflanze ein sehr dichtes Blätterwerk entwickelt und die Beikräuter auf dem Feld durch diesen Umstand wenig Licht bekommen, gehen diese von alleine ein, sodass Unkraut auf ganz natürliche Art bekämpft wird. Auch Dünger und Pestizide sind bei dieser von selbst schnell wachsenden, widerstandsfähigen Pflanzengattung nicht notwendig, denn der Schutz vor Befall durch Krankheiten oder Schädlingen ist in diesem Gewächs bereits “integriert”.
- Ideale Nutzung des Rohstoffs: Hanf kann von “A bis Z” verwendet werden - egal ob Fasern, Stängel oder Samen - hier kommt alles zum Einsatz, was die Umweltstatistik ebenfalls verbessert.
- Schutz des Vogelbestands: Hanffelder bieten vielen Insektenarten ein zuverlässiges Zuhause, was auch den Vogelbestand positiv beeinflusst.
Die ökologischen Nachteile
Neben den vielen Vorteilen, die der Anbau von Hanf bietet, gibt es jedoch auch einige Nachteile, die bei Bewertung der Nachhaltigkeit der Pflanze ebenfalls beachtet werden sollten:
- Hanf ist für den Transport ungeeignet: Wirklich nachhaltiger Hanfanbau kann nur stattfinden, wenn sich die nötige Verarbeitungsanlage in der Nähe des Anbaufeldes befindet. Die Größe der Pflanze sowie der Umfang ihres Blätterwerks machen den Transport nämlich schwierig.
- Spezielle Maschinerie: Da Hanfpflanzen bis zu 4 Metern hoch werden können, benötigt man für den Anbau besondere Landmaschinen und Häcksler, welche erst einmal hergestellt werden müssen - dies bedeutet einen großen Ressourcenaufwand.
- Wichtige Beikräuter fallen weg: Wie bereits bei den Vorteilen erwähnt, fallen viele Beikräuter beim Anbau von Cannabis-Pflanzen weg. Zwar geht es hierbei auch um unerwünschtes Unkraut, allerdings auch um potenziell wichtige Pflanzen, sodass die Vielfalt des Pflanzenspektrums auf dem Feld prinzipiell gefährdet ist.
So vielseitig: Hierfür wurde Hanf bisher verwendet
Viele Jahrtausende galt die Hanfpflanze als unentbehrlich - schließlich wurde sie nicht nur in Textilien, Segeln, Seilen und Tauen verwendet, sondern auch als Lebensmittel (beispielsweise durch den Konsum der Samen) und zur Herstellung von Papier verwendet. Es wird angenommen, dass die erste Verwendung von Hanf bereits mehr als 30.000 Jahre zurückliegt - so fand man in der Dzudzuana-Höhle in Georgien erste Spuren von Hanffasern. Als Kulturpflanze wurde das Gewächs laut schriftlicher Überlieferungen erstmals im alten China vor rund 5000 bis 6000 Jahren angebaut. Laut einer Sage soll Urkaiser Shennong den Anbau gelehrt haben.
Allerdings müssen wir was die Verwendung von Hanf angeht gar nicht so weit in der Geschichte zurückgehen: In den 1940er Jahren entwickelte Erfinder und Automogul Henry Ford ein Fahrzeugmodell, das unter anderem auch mit Hanffasern hergestellt wurde.
Unterstützt die Legalisierung die Nachhaltigkeit von Hanf?
In puncto Nachhaltigkeit bietet Hanf viele Vorteile - jedoch auch einige ökologische Nachteile, die nicht außer acht gelassen werden sollten. Die vollständige Legalisierung von Hanf, welche auch den Einsatz von Saatgut mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,2 Prozent erlauben würde, würde mit Sicherheit dafür sorgen, dass immer mehr Landwirt:innen den Hanfanbau für sich entdecken würden.
Beispielsweise könnten auch feldnahe Strukturen geschaffen werden, die die Verarbeitung der Cannabis-Pflanze auch in Hinblick auf eine Verringerung der Transportwege deutlich erleichtern würden. Da das Thema “Bio” gerade bei Hanf viel häufiger als bei anderen Nutzpflanzen präsent ist, würde dies die nachhaltige Landwirtschaft unterstützen sowie die Umweltbilanz von Hanf selbst deutlich verbessern.